Monica Studer / Christoph v d Berg
Seele messen
Wir haben ein Programm gebaut, das die Form der Seele untersucht.
Freunde und Bekannte wurden gebeten, aus der Kartei 'Stadt D'
diejenige Karte auszuwählen, die der eigenen Person am meisten
entspricht/zusagt/gefällt/liegt. Anhand des Namens und der Kartenwahl
der Person errechnet das Programm die Form der Seele der jeweiligen Person
und zeigt sie in verschiedenen Abbildungen; wir fertigen davon Modelle an.
Das Programm misst die Seele von Personen. Seine Module beschreiben,
wie die persönlichen Daten der untersuchten Person an einer Grundform räumliche
Veränderungen bewirken. Die Grundform besteht aus einer digitalen Kugeloberfläche
von ca.30'000 Teilflächen.
Vor- und Nachname der Person und die ausgewählte Karteikarte werden in eine Reihe
von Worten und Zahlen umgewandelt, die die Komposition der auf die Kugelfläche
einwirkenden Vorgänge quantitativ und qualitativ regelt.
Die Beschreibung dieser Vorgänge steuert die automatische Erzeugung des Objektes.
Der Reihe nach werden die beschriebenen geometrischen Deformationen am Netz der Grundform
durchgeführt. Verschieben, Drehen, Skalieren, Biegen, Stauchen, Quetschen, Tordieren,
Eindrücken, Ausbuchten, Einschnüren und Ausstülpen bilden das Vokabular dieser Deformationen.
Die so errechneten Daten bilden die Form der Seele. Das Objekt kann in verschiedener
Darstellung auf Bildschirm und Drucker abgebildet werden. Für die Herstellung der
räumlichen Modelle werden zum Beispiel die Höhenkurven des Körpers benötigt.
Anders als bei früheren Arbeiten operiert das Programm nicht mit Zufallszahlen,
sondern persönlichen Daten als Ausgangsmaterial, die jedoch so unvorhersagbar mit
dem Programm verbunden werden, dass der Betrachter keine rationale Verbindung zum
Resultat des Vorganges herstellen kann, weil zwischen dem ausgewählten Bauwerk und
der entstandenen Form kein direkt sichtbarer Zusammenhang besteht.
Obwohl wir wissen, dass es sich nicht so verhält, bekommt der Computer in diesem
Zusammenhang den Charakter einer kabbalistischen Maschine, die auf numerische Weise
ein Anschauungsmodell der Seele ermittelt.
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weitere Texte:
Reinhard Storz: "Wie man eine Seele baut"
Dominique Salathé: "Apparatur zum Berechnen der Seele"
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