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Bruce Nauman
»Live-Taped Video Corridor«, 1969-70

In der Closed-Circuit-Installation Live/Taped Video Corridor von 1969-70, einer Arbeit aus der Werkgruppe der Performance-Korridore, hat Nauman am Ende eines fast zehn Meter langen, nur 50 cm breiten Ganges zwei Monitore übereinandergestellt. Auf dem unteren Monitor läuft ein vorprojiziertes Video, das den Gang zeigt. Auf dem oberen Monitor ist die Closed-Circuit-Aufnahme zu sehen, die eine am Eingang des Ganges in etwa drei Meter Höhe installierte Kamera aufzeichnet. Der Betrachter, der den Korridor betritt und auf die beiden Monitore zugeht, gerät alsbald in den Kontrollbereich der Kamera. Doch je näher er dem Monitor kommt, desto weiter entfernt er sich von der Kamera, so daß sein Abbild auf dem Monitor immer kleiner wird. Auch daß er sich von hinten sieht, irritiert. Die Erfahrung, von sich selbst wegzugehen, wirkt einhergehend mit dem Gefühl, im engen Korridor eingeschlossen zu sein, umso befremdlicher. Rationale Orientierung und gefühlsmäßige Verunsicherung treffen spannungsvoll aufeinander. Der solcherart Überwachte gerät unversehens in die Rolle des Sich-Selbst-Überwachenden.

http://www.medienkunstnetz.de/werke/live-taped-video-corridor/

Dan Graham »Time Delay Room, 1974

Diese Closed-Circuit Installation variierte Graham insgesamt sechs Mal nach dem immer gleichen Prinzip, wie im Folgenden beschrieben:»Zwei Räume identischer Größe, durch einen Durchgang auf einer Seite verbunden, werden von Videokameras am Durchgang überwacht. In die vordere Innenwand eines jeden Raums sind zwei Monitore eingelassen, die wiederum von den Überwachungskameras erfasst werden. Der Monitor, den der Besucher aus dem anderen Raum zuerst sieht, zeigt die Wiedergabe in Echtzeit des zweiten Raums. Der zweite Monitor in beiden Räumen zeigt das Verhalten der Besucher durch eine um acht Sekunden verzögerte Bildwiedergabe. Diese Zeitspanne von acht Sekunden ist die äußere Grenze der neurophysiologisch definierbaren Kurzzeitgedächtnisses, das einen unmittelbaren Teil unserer Wahrnehmung der Gegenwart formt und von ›innen‹ beeinflusst. Wenn man sein Abbild von vor acht Sekunden von ›außen‹ auf einem Videomonitor sieht, wird man kaum die zeitliche Distanz wahrnehmen, sondern eher das Bild mit dem gegenwärtigen Verhalten und dem entsprechenden Wahrnehmungszustand in eins setzen. Da dies zu unvereinbaren Eindrücken führt, beginnt man auf diese zu reagieren und befindet sich bereits in einer Feedbackschleife. Man fühlt sich in einem Beobachtungsstadium gefangen, in dem die Selbstbeobachtung einer äußerlich sichtbaren Kontrollinstanz unterworfen wird. Auf diese Weise erlebt man sich als Teil einer sozialen Gruppe von beobachteten Beobachtern (anstatt, wie in der traditionellen Kunst, vor einem auratischen Objekt in individueller Kontemplation zu verharren).


http://www.medienkunstnetz.de/werke/time-delay-room