Thomas Hirschhorn

Otto Freundlich-Altar

Ich verehre Otto Freundlich und seine Kunst. Ich werde ihm für &laqno;Non-lieux» ein Strassendenkmal errichten. Es ist ein temporärer &laqno;Otto Freundlich-Altar». Das ist eine ungestylte, spontane, schnellgemachte, billige, momentane Ehrung für jemanden, der an dieser Stelle gestorben ist. Otto Freundlich könnte hier gestorben sein. Er ist aber sehr wahrscheinlich im Konzentrationslager Lublin-Maidanek getötet worden. Das Strassendenkmal könnte überall sein, deshalb kann es hier für &laqno;Non-lieux» sein. Die Form der Strassendenkmäler kennen wir vom Tod von Prominenten (Lady Di, Versace, Olaf Palme, Mitterand) aber auch unbekannten, zum Beispiel jugendlichen Selbstmördern, Opfern von Verbbrechen oder Unfalltoten wird so Ehre und Andenken erwiesen. Kerzen, Plüschtiere, Kartons mit Photokopien, Photos, ausgeschnittene Zeitschriftenbilder, Posters und andere leichtzubeschaffende Andenken werden zusammen mit Blumen hingelegt und oft mit persönlichen Statements versehen. Diese Form ist temporär, deshalb wird auf "Schönheit" verzichtet. Es geht um das Zeugnis. Diese profanen Ernnerungsstätten haben wegen ihrer Prekarität eine grosse Sprenkraft und plastische Energie. Diese Strassendenkmäler werden respektiert vom Passanten, vom

Strassenputzer, vom Hausbesitzer, von der Polizei weil sie wissen: "hier geht's um Leben und Tod! Nur die Zeit wird das wegmachen." Denn die momentane Dringlichkeit und Notwendigkeit kann nicht verdrängt werden. Ein Strassendenkmal ist hochaktuell und deshalb auch vergänglich.