Tour Guide

Schnittstelle/Produktion

15. August - 4. Oktober


Ausstellung:
Christoph Büchel, Basel
convex tv., London/Berlin/Paris
Erik Göngrich, Berlin
L/B, Burgdorf
Andrea Knobloch/Helene von Oldenburg, Düsseldorf/Rastede
Astrid Küver, Berlin
Pia Lanzinger, München
Dorit Margreiter, Wien
Neid, Hamburg/Berlin
Ines Schaber, Berlin
Candy TV & Anna Key (Anke Schäfer), Maastricht/Rotterdam
Erik Steinbrecher, Berlin
Costa Vece, Zürich

Konzept und Organisation: Yvonne Volkart und Ulrike Kremeier/plattform Berlin


Die Idee zur Ausstellung "Schnittstelle/Produktion" entstand im Rahmen des diesjährigen Shedhallenprogramms, das sich dem Thema Ökonomie widmet. Zugrunde liegt ihr der Gedanke, dass "Kunst" in einem breiten Verständnis, wie es sich vor allem in Rezeption und Kunstförderung auswirkt, nicht von ihrem produktiven Charakter her verstanden wird, sondern dass sich der Erwartungshorizont trotz eines veränderten Kunst- und Kulturbegriffes immer sehr oft innerhalb der Präsentation autonomer Werke einzelner KünstlerInnensubjekte, mithin "fetischisierter Produkte" bewegt. In einem beinahe paradoxen Sinne übernimmt Schnittstelle/Produktion diesen dominanten produkthaften Kunstcharakter. So etwa wurde die Fabrikzeitung nicht nur als eine wichtige, vor-läufige Plattform für die Ausstellung und deren Vertrieb genutzt, sondern die künstlerischen Projekte repräsentieren sich darin auch über selbstkonzipierte Anzeigen in einem vorgegebenen Format. (In der Zeitung ist zudem das Ausstellungskonzept näher beschrieben.)

Um den Konstruktions- und Modellcharakter der Ausstellung als Medium zur Repräsentation von Produkten, deren unterschiedliche Produktionshintergründe in den Arbeiten verdichtet sind, unmittelbar zu machen, wurde das bühnenartige Podest explizit leergelassen, die einzelnen Arbeiten aber, insofern es der thematische Ablauf erlaubt, relativ nahe an diese heran gerückt. Das Anzeigenformat aus der Fabrikzeitung wurde massstabgetreu übernommen und als verbindliche, aber überschreitbare Matrix für die Plazierung der einzelnen Arbeiten zur Verfügung gestellt.

Der Ablauf der Ausstellung beginnt beinah beiläufig, mit der Arbeit von Erik Steinbrecher, dessen eigentliches Forum die Fabrikzeitung ist und deren Inhalt die neue Version der documenta X-Arbeit "FARMPARK/Station", Serie von 16 Fotopostern für den Unterstand des Busbahnhofs Kassel, darstellt. Für die Fabrikzeitung wurde ein Motiv herausgegriffen und abgedruckt, in der Shedhalle klebt Steinbrecher das Documenta-Poster (Original) auf die strukturell vorhandene Posterwand und zeigt dazu ein Panoramafoto, das diese Situation dokumentiert. Angesprochen werden damit die wertschaffenden Faktoren, die sich durch unterschiedliche Distributions- und Repräsentationssysteme ergeben, sowie die Rahmensituation unterschiedlicher Kunstkontexte.

An der Schwelle zum eigentlichen Ausstellungsraum in der Shedhalle steht Andrea Knoblochs "New York Security Mini-Storage Project", eine wandernde Raumskulptur, respektive ein mobiler, transportabler Ausstellungsraum, der dem New Yorker Security Mini-Storage-Ausstellungsraum von Caroline Nathusius nachgebildet ist. Obzwar die Innenmasse exakt mit dem Original übereinstimmen, bleibt Knoblochs Reproduktion durch das Fehlen von Decke und Fussboden ein Fragment, das immer den Funktionsrahmen einer Institution benötigt. Gleich einem trojanischen Pferd beherbergt er eine Ausstellung, auf die die Gastinstitution keinen Einfluss nehmen kann. Knoblochs semi-autonomer, modellhafter Ausstellungsraum im Kunstraum wirft nicht nur die Frage nach dem symobolischen und konkreten Ort von Kunst auf, sondern reflektiert auch dadurch, dass er explizit "on tour" und nur fragmentarisch ist, die jeweilige Institution in ihrer spezifischen Bedingtheit. Caroline Nathusius wählte für die Shedhalle Helene von Oldenburg aus, eine Künstlerin, die sich auf ironische Weise mit dem aktuellen Thema der Netzwerke auseinandersetzt. "Arachnoide Produktion. Schnittstelle Zukunft. Neue Erkenntnisse der experimentellen Spinnenkunde und ihre Konsequenzen für eine evolutionäre Ökonomie am Beispiel des New York Security Mini-Storage Projects" lautet der Titel ihrer Ausstellung und eines dazugehörenden Vortrags. Oldenburg gruppiert Spinnenzeichnungen und fetischartige Demonstrationsobjekte, die die kursierenden Netzwerkmetaphern und Tätigkeiten mit ihrer ursprünglich biologischen Herkunft und den damit verbundenen weiterführenden Assoziationen parallelisieren. Damit paraphrasiert sie nicht nur Sci-fi-Ängste und die gegenwärtig ziemlich überstrapazierten Überschneidungen von Kunst und Wissenschaft, sondern vor allem die in alle Bereiche hineinschwappenden Netzdiskurse. Ihre Arbeiten funktionieren wie psychoanalytische Knotenpunkte oder Kataloysatoren für weitere assoziative Verflechtungen und Verwicklungen, womit Helene von Oldenburg selbst die "evolutionäre Ökonomie" der Netze weiterspinnt und zum Weiterstricken zur Verfügung stellt.

Ines Schabers Video zeigt einen slow-motion Ausschnitt aus Rainer Werner Fassbinders Film "Martha", in dem sich ein Mann und eine Frau begegnen, umkreisen und wieder voneinander lösen. Über einen Infrarot-Kopfhörer ist ein Text zu hören, den die Künstlerin aus einem Interview mit dem Architekten Frank Gehry extrahierte. Der Text enthält Einstellungen zu Arbeitsver-hältnissen, das eines "he", einer "she" und einer Gruppe "they". Erst wird die die skeptische Outsider-Position von "they" dargestellt. Sie distanzieren sich aus Angst vor Vereinnahmung von dem im ganzen Text nicht näher genannten Verhältnis. Demgegenüber präsentiert eine "sie" "ganz trocken, voll mit historischen Referenzen" ein Projekt, das "atembe-raubend und spektakulär", "stark und schön", war, und "das, worum es ging, völlig auf den Punkt brachte". Und weiter spricht die Stimme: "Sie ging zu weit, aber sie tat es auf eine bedeutungsvolle Weise. Deshalb konnte sie nicht für die ganze Sache arbeiten [...] und sie konnten es nicht akzeptieren." Der Text endet mit der Position des "er", der zu Beginn optimistisch war, weil er dachte, dass seine Arbeit anders wäre. Doch dann merkte er, dass das, was er gemacht hatte, nichts anderes war, als das, was alle anderen gemacht hatten. Denn dadurch, dass das, was er gemacht hatte eingekapselt war von all den anderen hermetischen Ideen, wurde sie eine davon. Das überraschte ihn." "Er hatte gedacht, dass er sein Zeug machte und dass es keine Rolle spiele."
Schaber überlagert gewissermassen akkustisch das klassische Bild eines heterosexuellen Beziehungsmusters mit Arbeitsmustern und -visionen. Dabei bedient sie sich einerseits stereotyper Geschlechterzuschreibungen, übertritt sie andererseits aber auch dadurch, dass sie im Text selbst Zuschreibungen vornimmt. Das ästhetisch-visuell inszenierte Sich-im-Kreise-Drehen des Paares und des Videoloops steht für das Umkreisen von Positionen, für das Kreisen des Wunsches, für das Begehren nach Ausbrüchen, nach Fluchtlinien. Den undefinierbaren, a-topischen Ort artikuliert Schaber durch die Verformung des vorgebenen Anzeigenformats.

Die riesige, orange luftgefüllte Skulptur von Daniel Baumann und Sabina Lang formiert das Wort "undo", das man etwa mit "nicht tun" übersetzen könnte. Dieser Titel suggeriert, dass man als KünstlerIn manchmal eine Arbeit so lieber nicht getan hätte. Sie stellt aber noch genereller die Frage danach, wie und wie weit künstlerisches Tun überhaupt reicht. Dadurch, dass diese hüfthohen Kissen auf eine ironische, partizipatorische Art die BesucherInnen zum Sich-Draufwerfen und -Sitzen einladen, werfen sie direkt die Frage von Beteiligung und Weiterführung einer Arbeit durch die BenutzerInnen auf. "Undo" ist zudem so plaziert, dass sie einen spezifischen Raum zur Benutzung der Dokumentationsstelle der Shedhalle schafft, in der weiterführende Literatur aufliegt.

An "undo" schliessen sich das "interaktive" "testbed" von convex tv. an, einer Gruppe von Leuten, die sich immer wieder neu konstituieren, unter anderem qua kurzer Statements und Diskussionen, die via e-mails hin- und hergeschickt werden. convex tv. nutzte die anderweitig bereits genutzten, von Silvan Linden und Luc Merx herstgestellten testbeds zur Voice-Mailbox um. Unter den asketisch-chicen Resopal-Oberflächen der Betten verbirgt sich ein digitaler Anfrufbeantworter und eine Telefonleitung, deren Nummer nur convex tv. und FreundInnen bekannt ist. Über die intern zirkulierende Telefonnummer und den Anrufbeantworter werden Botschaften aus Berlin, Zürich, London, New York und anderswo abgelegt und abgehört. Die Voice-Box gibt sich als Äquivalent des e-mails-Systems aus und verbindet gleichzeitig die Idee von Netz-Radio (jedeR einE SenderIn) mit der Idee des Convex-audio-Archivs im Netz. Inhaltlich soll während der Ausstellungszeit abgeklärt werden, was das Projekt am Ende hätte gewesen sein sollen. Nebenbei wird sich dabei herausstellen, wie das convex-Kollektiv als mediatisierter sozialer Raum funktioniert. Desweiteren werden einige Ideen über Medienkonsum und die Um-Nutzung und Appropriation von Medien geäussert werden. BesucherInnen aktivieren die Mailbox durch simples Draufsitzen. Intelligentes Sitzfleisch sollte also in der Lage sein, die jeweils neueste message abzurufen, interaktiv!

Auch Erik Göngrich inszeniert mit seinen "Modellwelten kommunikative Prozesse. Ein Rasterfeld mit unterschiedlich grossen, benutzbaren Schaumstoffobjekten simuliert den topos Stadt. Der körperliche Umgang mit den verschiebbaren Objekten symbolisiert die unterschiedlichen Wahrnehmungen, Interpre-tationen, Bedeutungskonfigurationen und Veränderungsmöglich-keiten, mithin die soziale Konstruktion dieses hochkomplexen Gefüges. Der eindeutig modellhafte Charakter dieser Arbeit wird erweitert durch Videoarbeiten, in denen Göngrich bestimmte urbane Strukturen thematisiert. Dieser Videofilm wird als Demotapes für Videogeräte in den Schaufenstern diverser Fernsehgeschäfte Zürichs gezeigt und werden dort auch auf die Ausstellung in der Shedhalle hinweisen, damit eine Rückkoppelung an den Produktionsort gewährleistet ist.

Auf der linken Seite der Plattform kommt konzeptionell eine weitere produktionsorientierte Frage hinzu, nämlich die nach der Kunstarbeit als Unternehmertum. Hier thematisiert die Künstlerin und DJane Astrid Küver ihre Künstlerinnenidentität und damit verbundene Produktionsstrategien und geschlossene Arbeits-zusammenhänge und -kreisläufe des Kulturbetriebs. Sie stellt eigens entworfene und handgefertigte slipmates aus, die als Souvenirs, also ökonomisch verwertbare Produktionen, sowohl im Rahmen der Ausstellung als auch generell über den von Küver gegründeten Slipservice käuflich erworben werden können. Über einen kleinen Monitor wird ein Dokuvideo einer DJane-Session gezeigt, in der sie selbst diese slipmates verwendet. Diese Arbeiten werden gekoppelt mit Fotos, die die Künstlerin mit gemalten Porträts von FreundInnen in spezifischen Situationen zeigen, die wiederum auf ihre DJane-Tätigkeit verweisen.

Anke Schäfer präsentiert auf vier, von der Decke hinunterhängenden Monitoren ihr Candy TV, eine Aktion in mehreren Teilen. Als Vetreterin von Candy TV spielt Schäfer die Kunstfigur Anna Key, die behauptet, dass das Zuckern von TV-Monitoren die Bildqualität verbessere. Auf eine ihrer Anzeigen in holländischen Zeitungen reagierten aber nicht TV-KonsumentInnen, sondern TV-Programme, die einen neuen Gag, und damit Konkurrenz witterten. Diese luden sie in ihre Sendungen ein, in denen Anna Key über Candy TV informierte und schliesslich den Bildschirm "von innen" zuckerte. Interessant für Schnittstelle/Produktion ist nicht nur die Tatsache, dass Schäfer als Unternehmerin auftritt, sondern dass es ihr gelang, die Ebenen von Realität und Fiktion ineinderfliessen zu lassen und eine Kunstaktion zu initiieren, ohne dass es die Involvierten realisierten.

Auch Costa Vece tritt als Unternehmer auf und stellt dabei die Frage nach dem Status des Künstlersubjekts und dem Anspruch auf Autorschaft. In einer für die Ausstellung gebauten Verkaufsbude stellt er käufliche T-Shirts aus, die das Copyright-Zeichen sowie den Namen einer von Vece besuchten europäischen Stadt tragen. Ein Promotionsvideo informiert über die Art und Weise, wie die T-Shirts getragen werden können und was sie letztlich dem/der TrägerIn an symbolischem Mehrwert einbringen.

Der Unternehmer- und Ökonomieaspekt dieser Seite kulminiert in der Arbeit von Christoph Büchel, der die Dachschrägen der Shedhalle privaten Sponsoren des Wirtschafts- und Finanzplatzes Zürich für die Dauer der Ausstellung für Werbezwecke zur Verfügung stellt und damit die alles durchziehenden und überlagernden Fragen der Geldbeschaffung betont. Die Höhe der Bezahlung für diese Werbemöglichkeit wird von den Sponsoren selbst festgelegt, um ihre jeweilige Wertschätzungshaltung offenzulegen. (Die Reihung entspricht, wie das auf Einladungskarten üblich ist, der Reihenfolge in der Höhe der Geldbeiträge.) Die teilnehmenden Sponsoren haben Werbebanden, wie sie bei Sportveranstaltungen benutzt werden, anbringen lassen. Neben Aspekten der Finanzierung kultureller/künstle-rischer Aktionen durch Drittmittel macht die Arbeit genereller die Fragestellung nach der Okkupation des öffentlichen Raumes duch ein Label/Logo eklatant. Sie zeigt auf, dass in den letzten Jahren ökonomische Unternehmen immer stärker auch kulturelle, nachgerade ästhetische Funktionen übernehmen. Die Markenzeichen an der Decke symbolisieren mithin die Bildwerdung von Ökonomien, die Aneignung des Ästhetischen für kapitalisierte Interessen.

Im hintersten Teil der Shedhalle, auf einer Geraden zum Mini-Storage, steht "Das Mädchenzimmer - REVISITED", von Pia Lanzinger. Dieser von vier Wänden begrenzte Raum komprimiert die im Kunstraum München stattgefundene multimediale Ausstellung "Das Mädchenzimmer" von Pia Lanzinger, Cornelia Schmidt-Bleeck und Julie Doucet. Die drei Künstlerinnen nahmen Bezug auf den sozialen Ort Mädchenzimmer und untersuchten dabei die verschiedenen Zuschreibungen für junge Frauen. Gleichzeitig gelang es ihnen, mit den Mädchen zusammenzuarbeiten und diese als Zielpublikum in den Kunstraum zu holen. Eine Diskussion mit Vertreterinnen von Mädchenzeitschriften (Bravo, Young Miss) und von Mädcheninitiativen, ein Abend mit dem lesbischen Mädchentreff "Ragazza" und andere Events machten "Das Mädchenzimmer" zu einem funktionierenden Sozialraum - ein relevanter Aspekt für Schnittstelle/Produktion, die die Fragen von Kunst und Öffentlichkeit stellt. Lanzingers Verdichtung auf ein Zimmer verbindet die Frage nach dem sozialen Raum für junge Frauen mit dem symbolischen Raumgeben für Soziales in der Kunstinstitution. Im Sinne einer Oral-History recherchiert Lanzinger retrospektiv das Projekt und gibt den BetrachterInnen mit ihrer fragmenthaften und diskontinuierlichen Rekonstrukt-ionsarbeit die Möglichkeit, einen lebendigen Eindruck vom Mädchenzimmer zu gewinnen.

In diesem Teil der Ausstellung, wo die Frage nach den Räumen, insbesondere auch in ihrer geschlechtskonstituierenden Macht gestellt wird, stellt Dorit Margreiter die Reisekopie eines sich mittlerweile im Besitze der Generali-Foundation befindenden Objekts "Mein Schlafzimmer in Prag" aus. Das Sammlungsobjekt ist seinerseits ein Modell der "Beamerstation", die Dorit Margreiter in ihrer Ausstellung "Mein Schlafzimmer in Prag" im Forum Stadtpark Prag zeigte. Der Prager Ausstellungsraum des Forum Stadtpark Graz war eine komplett eingerichtete, für die Dauer der vom Forum Stadtpark organisierten Ausstellungen temporär umgenutzte Privatwohnung eines Wohnhauses in der Prager Innenstadt. Die Ausstellungen fanden im Eingangs- und Wohnzimmer statt, während Küche und Schlafzimmer zum Wohnraum wurden. Dorit Margreiter installierte zwischen Eingangs- und Wohnzimmer einen modellhaften Mini-Raum, der auf vereinfachte Weise, ähnlich wie ein Raumschiffkorridor oder eine Beamerstation, wie sie aus dem populären Science-Fiction Genre der 60er und 70er Jahre bekannt sind, eingerichtet ist. So wie der durch Raum und Zeit gebeamte Reisende im Fremden immer nur eine verkleinerte Variante seiner Vorstellung des Bekannten wiederfindet, suggeriert die Möglichkeit des Beamens ein Import/Export-Verhältnis (zwischen realem Raum, Modellsituation, verschiedenen Diskursen, Geschlechtern, Laendern etc.), das sich zugleich immer an die durch das "Mutterschiff" Forum Stadtpark hergestellten Bedingungen rückkoppelt. Als "Mein Schlafzimmer in Prag" reihte sich die Ausstellung in jene publizistisch aufbereiteten und über Architektur- und Designzeitschriften vertriebenen Projekte ein, deren tatsächliches Vorhandensein mit ihren Vertriebsformen nicht mehr konkurrieren kann. Die Arbeit, deren Reflexion sich unter dem Aspekt der Geschlechtsspezifik auf Reproduzierbarkeit/ Reproduktion und Repräsentation von Raumkonstellationen des Privaten und des Öffentlichen bezieht, steht (selbstredend nicht nur formal-ästhetisch) modellhaft für bestimmte Diskursebenen kultureller Produktion und (deren) medialer Distribution. Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt liegt im Thematisieren des Transformationsprozesses künstlerischer Produktion und deren Vermittlung in unterschiedlichen Präsentationskontexten.
Die Idee der Präsentation der Arbeit in Form der Kopie, die nur unter bestimmten vertraglichen Bedingungen mit der Eigentümerin des Originals erstellt und gezeigt werden darf, zielt spezifisch auf den Diskurs um Bedingungen und durch kuratorische Vermittlungsstrategien geprägte Repräsentationsmuster künstlerischer Produktion und deren inhaltlicher Auseinandersetzung ab. Margreiter hat deshalb auch den Kuratorinnen die Art und Weise der Repräsentation des Modells überlassen.

Ganz zum Schluss betritt man den fix in der Shedhalle als Kinoraum genutzten Raum, den die Gruppe vom NEID-Magazin für eine Installation mit der NEID VIDEO SHOW gebraucht. Das Kunstprojekt NEID entsteht in einem sich ständig verändernden
Kollektiv, zu dem internationale Autoren/innen, Performer/innen,
Musiker/innen, Künstler/innen, Fotografen/innen u.a. gehören.
Seinen Ursprung hat NEID in der lacanistischen Auseinander-setzung mit der Lehre von Sigmund Freud ('Penisneid'). Wir betrachten auch kulturelle Analyse und Forschung als künstlerische Arbeit.
NEID ist ein transmediales Projekt. Zeitschriftenproduktion ist nicht die hauptsächliche Aktivität des geschaffenen künstlerischen Zusammenhanges, vielmehr soll über die einzelnen Kunstdisziplinen hinweg Austausch und Diskurs ermöglicht werden. Die Öffentlichkeit wird gesucht und auf vielfältige Art einbezogen. Notwendigerweise gehören dazu auch Performances, Events, Lesungen, Shows und Parties. Neben Kellern, Clubs
('Substanz', München) , Kinos ('Metropolis', HH) und Plattenläden bespielt NEID auch Museen('Louisiana' Museum of Modern Art, Kopenhagen), Galerien('Berlin/Tokyo', Berlin), Theater und übersetzt und vermittelt so von Underground zu etabliertem Kunst- und Kulturgeschehen. Das NEID Magazin
hat seit 1995 eine umfangreiche Internetpräsentation, alle Publikationen und Aktionen sind hier kostenlos für jedermann einzusehen. HTTP://WWW.THING.DE/NEID
NEID setzt die Authentizitätsbegriffe ganz unterschiedlicher Bereiche nebeneinander. Dies stellt jeden einzelnen Authentizitätsanspruch in Frage und führt festgefahrene Werte in die Grenzbereiche der Kunst, in der sich Authentizität auflösen, verschieben und umgruppieren kann.
Seit 1992 sind sechs NEID-Ausgaben erschienen. Ausgabe # 1 hatte einen medientheoretischen und Internet- bezogenen Schwerpunkt. # 2 beinhaltete neue feministische Standpunkte, aus den U.S.A.. Ausgabe # 3 beschäftigte sich vor allem mit musikalischen Themen und präsentierte 10 farbige, ganzseitige Fotoarbeiten von Künstlerinnen. In # 4 ergab sich ein großes Aufkommen an Science Fiction-Literatur und Ausgabe # 5 bot viele literarische, poetische Beiträge. Am 11 Okt. '97 erschien NEID # 6 mit einem breiten Spektrum an Beiträgen von NEID Members.
Am 1 Okt. '98 erscheint NEID Magazine #7. Es wird eine CD mit 'Live-Mitschnitten' von NEID Poetry/Musik Events enthalten. Anstelle der klassischen Releaseparty stellt NEID sich jetzt mit der eben fertig gestellten NEID VIDEO SHOW vor. Sie wird im Raum inszeniert (mit Licht, einem eigenen Geruch, Getränken und Sitzgelegenheiten) mit Video und Filmbeiträgen von:

NEID Video Show:

Birgit Wudtke/Ina Wudtke (Avatar (=Computer-animierte Figur ) von DJ T-INA, INA WUDTKE and the NEID MAGAZINA, die die Show moderiert und über NEID erzählt)

1.Section:Vision/ Sound/ Word

Ina Wudtke ('NEID Kongreß')

Claudia Reinhardt (7 kurze Clips mit inszenierten Sätzen aus der
Psychoanalyse zum Begriff: NEID)

FeedBuck Galore (Party Video Mix)

Art Jones (ein Film über und mit 'DJ Spooky,' +'hidden history of hip hop')

2.Section: Documentaries and autobiografical clips:

Christian 3 Roosen ('Demo gegen Menschen'/Performance, Dokumentation)

Janine Sack ('Marion, Hannover')

Pia Lanzinger ('GoGirl', Remix von Familien Super 8 Filmen)

Andreas Gram (Spaziergang durch 'Die Haupstadt'/Berlin)

Section 3: Everything around the body

Inga Svala Thorsdottir/+
Wu Shan Zhuan ('Vege Pleasure')

Susanne Klein ('Meine Schuhe')

Susanne Winterling ('some cloth, some body')

Section 4: German Poetry

Erik Schmidt ('I love my hair')

Simone Henneken ('Eintopf am Revers'/Zeichentrick)

Queen of Humbuk/die Tipse ('Biotopia'/Kurzversion)

Section 5: NEID in Holywood, (Spielfilme)

Katarina Pfaller ('take it easy on the garlic'/Vampierfilm)

Claudia Reinhardt/Heiko Wichmann ('Bonny und Clyde'/Coverver-sion)

Organisiert (finanziert/kuratiert/herausgegeben) wird das NEID Projekt von Ina Wudtke, Berlin.