Presseinformation


Produktion/Öffentlichkeit

Ist die Fortführung der im Sommer 1998 in der Shedhalle Zürich stattgefundenen Ausstellung Schnittstelle/Produktion ist. Die Ausstellung in der Kunsthalle Exnergasse funktioniert gewissermassen als Bühne und Schnittstelle, auf und an der mittels einiger modellhaft ausgewählter Arbeiten unterschiedliche Öffentlichkeitsbegriffe reflektiert werden. Im wesentlichen geht es darum, wie die Rezeption von Kunst in den Arbeiten selbst thematisiert und angelegt ist. Es soll massgeblich zur Diskussion stehen, welche Möglichkeiten von Publikum, Öffentlichkeit und Netzwerkallianzen die einzelnen Arbeiten produzieren, respektive wie sich die jeweiligen Vorstellungen von Arbeitszusammenhängen, verhandelten Kontexten, möglichen finanziellen Ressourcen und anvisierten Öffentlichkeiten in den einzelnen Arbeitsweisen niederschlagen. Das Internet ist eine wichtige mediale Präsentations-, Distributions- und Rezeptionsplattform, die (kritische, "utopische", virtuelle) Öffentlichkeiten schaffen kann. Dementsprechend sind einige Projekte aus der Auseinandersetzung und dem Gebrauch damit entstanden, jedoch nochmals spezifisch für den Realraum konzipiert. Ziel der Ausstellung ist es, obige Fragestellungen mittels - in engagierten Kunstkontexten oftmals "verschmähten" - "Produkten" anzupeilen und damit - jenseits der Idee einer regressiven Rekuperation des kulturell Diversifizierten in den Kunstkontext - für die Kompetenz des Ästhetischen, die themenabhängige Heterogenität von Medien und die Bedeutung von (Kunst-)Ausstellungen als Medium soziokultureller Relevanz zu plädieren.
Christoph Büchel benutzt die Ausstellung in Wien dazu, mittels seines dafür produzierten Videos "Wien leider nicht, oder Christoph Büchel beim Versuch, seine Produktionsmittel zu maximieren" Rückschau zu halten auf die ihm angebotenen Produktionsbedingungen.
convex tv. ist ein transmedial agierendes Berliner Kollektiv, das sich mit
kulturellen, politischen und ökonomischen Aspekten digitaler Technologie/
Netzkultur und Kunst beschäftigt und neben der regelmässigen Produktion von
Netzradio, einen Produktions- und Präsentationsort namens "testbed"
betreibt. Eine respopalbeschichtete, ebenfalls als testbed betitelte Sitzbank, die als räumlich aus dem realen testbed-Raum ausgekoppelten Modul verstanden wird, fungiert durch einen integrierten Anrufbeantworter als Voices-Mailbox. Die Audiobeiträge, die BesucherInnen durch simples Draufsetzten aktivieren können, stellen einen mediendiskursiven Querschnitt von Beiträgen aus eigens produzierten Netzradiosendungen dar. (www.art-bag,net/convextv.)
Erik Göngrich dokumentiert sein aktuelles Projekt, das in Form kommunikativer Interventionen die Funktionalisierung des Künstlersubjekts durch machtpolitischen Strategien und territoriale Okkupation der öffentlichen Hand thematisiert.
Ein ihm als Stipendiat in Paris zugewiesener Arbeits-/Atelierraum in einem
sozialen Wohnungsbau des zunehmend durch staatliche Repräsentation
dominierten 13. Arondissements, wurde der Hausgemeinschaft "SONACOTRA
afrique", die diesen Ort bis dato als Treffpunkt im Sinne eines erweiterten
semi-öffentlichen Wohnzimmers nutzte, seitens der Behörden aufgrund dieser
Nutzungsumwidmung entzogen.
Das Künstlerpaar L/B stellt mit einer Art Meta-Installation den eigenen Errfolgskurs im Kunstkontext zur Diskussion: Zwei ihrer beliebten Puppen, die gleichzeitig ihre Klone sein könnten, schauen auf einer L/B-Skulptur liegend sowohl einen ausstellungsbezogenen Puppentransport als auch Kataloge mit den jeweiligen Ausstellungssituationen an.
K3000 ist eine lose Gruppe kulturell Agierender aus Zürich, ihre Plattform sind u. a. ein Labor, eine website " (www.kombirama.ch) mit dem Kulturmagazin "Infozone und das fanzineartige k-Bulletin, das zu unterschiedlichen Themen-schwerpunkten herausgegeben wird. Für Produktion/Öffentlichkeit erweiterten sie das geplante Thema "Künstlersubjekte" um die Fragen nach aktuellen kritischen Arbeitsstrategien sowie Produktions- und Öffentlichkeitskonzepten und boten den TeilnehmerInnen beider Ausstellungen die Gelegenheit, das k-Bulletin für Beiträge nutzen.
Andrea Knoblochs "New York Security Mini Storage Project", eine Nachkonstruktion eines realen art-space in New York, reflektiert als mobiler, semi-autonomer Kunstraum im Kunstraum nicht nur die Frage nach dem symbolischen Ort von Kunst, sondern auch die jeweilige Institution in ihrer spezifischen Bedingtheit: Sie behält sich das Recht vor, darin selbst Ausstellungen zu kuratieren. Knobloch lud Ellen Nonnenmacher ein, die ihre im Kontext des aktuellen Künstlerinnenprogramms der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur entstandene website "Capital Training" (www.thing.de/Capital) als mechnische Kasperltheater mit einer Linkkarte konzipierte. Der klingende Name ist Programm: Hier kann jede Frau lernen, wie sie eine erfolgreichen Neue-Medien-Künstlerin werden kann.
"Das Mädchenzimmer - REVISITED" von Pia Lanzinger ist die Neubearbeitung der im Kunstraum München stattgefundenen multimedialen Ausstellung "Das Mädchenzimmer" von Pia Lanzinger, Cornelia Schmidt-Bleek und Julie Doucet. Ihre aktuelle Verdichtung auf ein modellhaftes Zimmer verbindet die Frage nach dem sozialen Raum für junge Frauen mit dem symbolischen Raumgeben für Soziales in der Kunstinstitution.
Als gewissermassen letzten Akt zeigt ein Video von Dorit Margreiter die Zerstörung der für Zürich hergestellten Reisekopie eines sich mittlerweile im Besitze einer Sammlung befindenden Objekts "Mein Schlafzimmer in Prag", welches Fragen des Privaten und Öffentlichen vor ihrem Hintergrund als Künstlerinnensubjekt aufwirft. Ein Booklet mit den dazugehörenden Verträgen thematisiert die Frage nach den Rechtsansprüchen und -verhältnissen verkaufter künstlerischer Arbeiten. Dabei geht es um die Frage, inwieweit nicht nur das merkantile Produkt "Kunstwerk" durch einen Verkauf, sondern auch der Zugriff der UrheberIn (KünstlerIn) auf Themen und Inhalte privatisert wird und damit die Veröffentlichungsoption, bzw. Rezeption determiniert.
Ulrike Müller legt als Weiterführung ihres 1996 im Rahmen eines Studien-aufenthalts in Los Angeles begonnenen und 1998 fertiggestellten Internetprojets "re-tracing. the feminist art program" (www.t0.or.at/~um) Postkarten der heutigen Gebäude zur weiteren Zirkulation auf. In "re-tracing" veröffentlichte sie die Briefe, mit denen ihr die am damaligen Projekt "womanhouse" beteiligten Frauen auf ihre Fragen nach dem Einfluss jener Gruppenerfahrungen und politischen Ideen auf ihre Biographie und ob sie desweiteren noch künstlerisch tätig seien, gaben. Die Postkarten machen nochmals deutlich, wie sehr "Geschichte" auf der Veröffent-lichung persönlicher Geschichten beruht und sich damit in die Zukunft vor-spurt.
Karl-Heinz Maier und Hans Kropshofer stellen unter anderem im Internet Variationen ihres Atelierbodens zur Verfuegung. Für Produktion/Öffentlichkeit deckten sie den Boden mit Hartfaserplatten ab, um eine Art Container zu generieren und liessen eine Lücke in den Massen ihres Atelierbodens offen. Lässt sich die Veröffentlichung ihres Atelierbodens als ironisch-symbolisches Spiel mit vermeintlich autonomen Produktionsverhältnissen sehen, so geht die Idee mit der Aussparung bei gleichzeitiger Homogenisierung des Kunsthallenraumes einen Schritt weiter und stellt, gewissermassen als Loch im Feld der Repräsentation, einen symbolischen Handlungsspielraum zur Verfügung, der partiell zur Plazierung der einzelnen Arbeiten genutzt wird.
Ines Schabers Arbeit besteht aus einem als Videoloop geschnittenen Ausschnitt aus Werner Fassbinder Film "Martha" und einem separaten Audiotape, dem ein Gespräch über (geschlechtsspezifisch konnotierte) Arbeitszusammenhänge und Produktionsbedingungen aus dem Architekturbereich zu entnehmen sind.
Auch Costa Vece tritt als Unternehmer auf und stellt dabei die Frage nach dem Status des Künstlersubjekts und dem Anspruch auf Autorschaft. In einer für die Ausstellung gebauten Verkaufsbude stellt er käufliche T-Shirts aus, die das Copyright-Zeichen sowie den Namen einer von Vece besuchten europäischen Stadt tragen. Ein Promotionsvideo informiert über die Art und Weise, wie die T-Shirts getragen werden können und was sie letztlich dem/der TrägerIn an symbolischem Mehrwert einbringen.
Helene von Oldenburg betreibt seit mehreren Jahren ihre Spinnenkunde, welche sich auf multimediale und parawissenschaftliche Weise mit der Idee von Netzwerken auseinandersetzt. Dabei geht sie nicht nur von der These aus, dass der Mensch von einer arachnoide Spezies abgelöst wird, sondern kann in minutiösen Vergleichen aufzeigen, dass der homo sapiens bereits heute die Zukunft der Spinnenwesen lebt.


TeilnehmerInnen
Christoph Büchel, Basel
convex tv., London/Berlin/Paris
Erik Göngrich, Berlin/Paris
L/B, Burgdorf
K3000, Zürich
Andrea Knobloch, Düsseldorf/Ellen Nonnenmacher, Berlin
Pia Lanzinger, München
Karl Heinz Maier/Hans Kropshofer, Linz
Dorit Margreiter, Wien
Ulrike Müller, Wien
Ines Schaber, Berlin/Princeton
Costa Vece, Zürich/Rom
Helene von Oldenburg, Rastede/Hamburg

Organisation und Konzeption
Ulrike Kremeier/plattform, Berlin
Yvonne Volkart, Zürich/Wien



Veranstaltungen
Am Mittwoch, den 13. Jänner, um 19.30 hält Dr. Helene von Oldenburg eine Vortragsperformance über "Arachnoide Öffentlichkeit: eine Utopie?" Ab 20.30 produzieren convex tv. den netcast/livestream "eu*phoria#8, from station to station".

Am Donnerstag, den 14. Jänner um 18 Uhr sprechen Pia Lanzinger und die Kunsthistorikerin und Kuratorin Barbara U. Schmidt über Kunstinstitution, soziale Praxis und Öffentlichkeit am Beispiel des Projekts "Das Mädchenzimmer", um 20 regt Peter Spillmann für K3000 zu einer Diskussion an über mögliche (kritische) Arbeitsstrategien/ Produktions- und Öffentlichkeitskonzepte.

Am Freitag, den 15. Jänner um 17 Uhr findet die Diskussion Frauennetzwerke als Terrain feministischen Engagements statt, mit Ulrike Müller, Ellen Nonnenmacher, Helene von Oldenburg (Old Boys Network), Yvonne Volkart (Old Boys Network), Birge Krondorfer & Katharina Pewny (Frauenhetz).