Hans Renggli
Vom Milieu der Lebensverschönerung
Das Künstlerpaar Copa & Sordes spürt mit Ironie und Mitgefühl
der Sucht der Menschen nach Maskerade, adelnder Drapierung und Verschönerung
nach.
Galerie Patrik Fröhlich Zürich. Bis 25. September
Weisse Damast-Servietten aus Gossmamas Mitgift hängen ordentlich aufgereiht
an gewöhnlichen Kaufhaus- Wäscheständern. Das ergibt im Zusammenspiel
überraschend vielschichtige, bedeutungsoffene Kunstobjekte. Auf die
einen Tücher haben die Künstler von Hand gezeichnet. Ein häufiges
Motiv sind Barockengel, die zuweilen mit Handys, Computertastaturen oder
automatischen Waffen bewehrt sind. Andere Tücher wurden im Laser-Transfer
Verfahren bedruckt mit Zeilen wie "Leere Ästhetik" oder
"Landscape of Imagination". Dazwischen Zitate von Claude Levy-Strauss,
Hundertwasser, Albrecht Dürer. Die mit Bedeutung gespickten Servietten
gleichen Hänge-Registraturen, in welche Kultur- und Sozialgeschichte
kunterbunt von der Renaissance bis in die Gegenwart abgelegt wurde. Auch
als Buch lassen sich die Wäscheständer deuten, die thematische
Titel tragen wie "a screen of human conditions", "the book
of good advices" und "les couleurs".
Der geschwungene Schriftzug Copa & Sordes prangt auf allen Werken.
Hinter dem fiktiven Namen verbirgt sich das Künstlergespann Birgit
Krueger (D, 32) und Eric Schmutz (CH, 37). Das Label weckt die Vorstellung
einer traditionsreichen Manufaktur mit Wurzeln im 19. Jahrhundert, die
Gebrauchsdinge für gehobene Ansprüche herstellt. Und in der Tat
zahlreich sind die Verweise auf bourgeoise Repräsentations-Exzesse.
Eine raumhohe Tapisserie imitiert den neubarocken Ausstattungsstil des
bürgerlichen Theaters. Symmetrische Säulenordnung, Medaillon und
schwelgende Puten rahmen eine Leere ein, in der kunstvoll geschrieben steht:
"There are so many ways and means - representation is a labyrinth".
Mit Verstand und ästhetischer Raffinesse haben Krüger/Schmutz
ein eklektisches Programm entwickelt: Als wärens Kochrezepte mischen
sie Epochen, Stile und (von Kennern präzis datierbare) Bedeutungen
frech zusammen. Und immer achten sie darauf, dass das semantische Tuttifrutti
am Ende als harmonische, "klassische" Formschönheit dasteht.