Hans Renggli

Ein Denkmal der Farbe

Jerry Zeniuk, Oil and Water, Kunstmuseum Winterthur. Bis 28. März

"Wenn ich schreibe, tue ich, was ich gelernt habe, wenn ich male, bin ich." Der Maler Jerry Zeniuk (54) ist US-Amerikaner, lebt in München und startete in Winterthur soeben zur Tournee einer grossen Werkretrospektive im deutschen Sprachraum (München, Cottbus, Kassel). Die Ausstellung hat Manifestcharakter insofern, als sie vom Stoff ist, die Diskussion über die Aktualität der Malerei neu zu lancieren. Für "kompletten Unsinn" hält Zeniuk das Gerede von der Irrelevanz der Malerei angesichts der Explosion der neuen Medien. Dass ein gemaltes Bild statisch ist und doch Bewegung erfahrbar macht, sowohl in der Spur des Malprozesses wie in der Wahrnehmung selbst, konstituiert für ihn den Vorteil des Bildes gegenüber den neuen Medien. Das Bild kann man auf einen Blick erfassen, doch nach fünf Minuten weiss man viel mehr, obwohl das Objekt das gleiche geblieben ist. Das Gemälde wird also in der Zeit, in der Dauer geboren und ist dennoch statisch: ein Widerspruch!
In ihrer Widersprüchlichkeit liegt auch der tiefste Beweggrund von Zeniuks Hingabe an die Malerei. Im Überblick stellt sich sein Werk als Motor und Parallelprozess zur Hauptarbeit existentieller Freiwerdung dar. Leben wie Malerei können nur zu sich selbst finden, wo sie die impliziten Widersprüche erkennen und integrieren. Eine Freiheitswissenschaft nannte Josef Beuys einst die Kunst, und dass dem tatsächlich so sein kann, führt Zeniuk - mit eigentlich konventionellen Mitteln - exemplarisch vor. Noch in den siebziger Jahren arbeitete er im Umfeld von Künstlern, die den, wie sie glaubten, eng gewordenen Artikulationsmöglichkeiten der Malerei nachspürten und mehr oder weniger einmütig bei der Monochromie landeten. Zeniuk schuf Oberflächen von dunkler, stumpfer Farbigkeit durch das langwierige Überschichten unzähliger Farblagen. Doch er wurde sich schnell klar, dass diese Art des Arbeitens weder seiner, noch der Natur der Malerei entsprach, die er darin erkannte, die Farbe zu feiern. In gut zwanzig Jahren seither hat Zeniuk in Gemälden und Aquarellen der möglichen Licht- und Raumkraft der Farbe ein eindrückliches Denkmal gesetzt.

Katalog 45 Fr.