Samuel Herzog

Zu viel normannisches Loch

Christian Jankowski. Museum für Gegenwartskunst (2003)

Christian Jankowski hat in den letzten Jahren im Rahmen zahlreicher Gruppenausstellungen für Auflockerung gesorgt. So kalorienreich das Kunstmenu auch war, das da in Venedig, Berlin, Lyon, Bellinzona oder Vilnius aufgetischt wurde, zwischen Lachstorte und Spanferkel gab es irgendwo ein Video von Jankowski zu entdecken, über das man schmunzeln, bei dem man sich erholen konnte wie in der klassischen Gastronomie beim legendären «Trou Normand». Nun hat Jankowski seine sorbet-luftigen Kunststücke im Basler Museum für Gegenwartskunst zu einer Retrospektive zusammengestellt. Da gibt es etwa «Die Jagd» von 1992 zu sehen, in deren Verlauf der Künstler in einem Supermarkt mit Pfeil und Bogen irgendwelche Nahrungsmittel erlegt, um seine erwilderte Beute dann doch brav an der Kasse zu bezahlen. In «Mein Leben als Taube» von 1996 lässt sich Jankowski von einem Magier in ein Täubchen verwandeln, und in «Direktor Pudel» spaziert der Kurator des Hamburger Kunstvereins in Gestalt eines Hündchens durch die Räumlichkeiten seiner Institution. Rund ein Dutzend Arbeiten gibt es in Basel zu sehen, doch wer in den letzten Jahren regelmässig Biennalen und ähnliche Grossanlässe besucht hat, wird kaum Unbekanntes entdecken - neu ist einzig das «Gastspiel», eine mit Hilfe des Figurentheaters «Vagabu» inszenierte Persiflage auf das Zeremoniell der Vernissage. Auch viele andere Werke Jankowskis nehmen mit subtilem Humor bestimmte Eigenheiten des Kunstbetriebs ins Visier. Dabei ist seine Kritik zwar immer ein wenig übermütig, doch nie wirklich verletzend. Auch kommen seine Filme so rasch und leichtfüssig daher, dass man sich eigentlich immer amüsiert. Das sind Qualitäten. Und doch verlässt man die Basler Schau mit zwiespältigen Gefühlen. Vielleicht liegt es daran, dass die Inszenierung der Arbeiten ein wenig lieblos wirkt. Vielleicht lässt sich das leichte Bauchgrimmen aber auch damit erklären, dass man sich offenbar auch vor lauter Sorbet den Magen verderben kann.





erschienen in NZZ, FEUILLETON, 15. November 2003 Nr. 266 48