15.8.00


Noch hat uns dieser kleine Sommer nicht sonderlich überzeugt: Ein paar sonnige Tage gab es schon, aber für eine satte Teneriffabräune dürfte es – ohne Schummeln – kaum jemandem gereicht haben. Zum Glück gibt es ja nebst dieser klimatisch unberechenbaren Welt noch eine andere, wo die Sonne immer scheint und jeder selbst entscheiden kann, welche Farbe seine Haut nun haben soll: Ja neben tiefbraun, käseweiss, schwarz, rot, gelb stehen hier auch noch grün, lila oder türkis zur Auswahl. Packen wir also unser virtuelles Sonnenschutzmittel und stürzen wir uns – wahlweise in Badehose oder nackt – hinein in die Wellen des WWW. Nach sommerlich Leichtem steht uns der Sinn und sommerlich Leichtes wollen wir in der aktuellen «Netzkunst» auch bieten. Oder mögen Sie vielleicht eher Kultur? Wie wär's dann mit einem Besuch im Museum? Hiermit verkünden wir die feierliche Eröffnung von Europas neuestem und zeitgenössischstem Museum, dem «Postkartentext, Mail und SMS Museum», von vielen bereits liebevoll «PMS Museum» genannt (BaZ vom 18. Juli). Besuchen sie uns unter http://www.xcult.org/pms-museum. Dort erfahren Sie auch, wie Sie sich selbst in die Lage bringen, dass ein Werk aus Ihrer Hand zu Museumswürden kommt..

«Where to go?»
Diese Seite von Arnold von Wedemeyer öffnet ein kleines Fenster mit einem Mann, der nach einigen Sekunden strammen Schrittes und mitsamt dem Fenster über den Bildschirm zu laufen beginnt – begleitet von einem polternden Geräusch. Klickt der Benutzer auf das Bild oder versucht er, die Anwendung zu schliessen, so multipliziert sich das Fenster sogleich und nach kurzer Zeit ist der Bildschirm überfüllt von eifrig dahin schreitenden Männern. Den einzigen Ausweg bietet die Tastenkombination ctrl+alt+del oder alt+apfel+esc – man flucht, startet neu oder überlegt sich vielleicht eine bessere Antwort auf die Frage: «Where Do You Want to go Today?»
www.von-wedemeyer.de/where-go

Nervensäge
Dieses Ich hat keinen Namen, und doch ist da jemand präsent, der dich in ein Gespräch verwickelt. Allerdings kann man in den schnell wechselnden Text-Fensterchen zur Antwort nur auf eine OK-Taste klicken. Das Gegenüber ist eine Nervensäge, der man sich rein schon technisch kaum entziehen kann. Sie nimmt dich in Beschlag, nennt dich du und klaut dir Zeit. Sie nützt es aus, dass man zu allem OK sagt (klickt) und beschimpft dich als ewigen Ja-Sager. Ewig dauert das nicht, aber endlos. "Schon müde vom vielen Klicken?" wird man gefragt und klickt ja (OK). "Tja, da muss man durch." (OK) "Lalalala" (OK). "Sie sagen wohl zu allem OK?" (OK) Diese Site ist gemein und witzig. Witzig, weil sie mit verblüffend einfacher Programmierung und bester Monolog-Regie einen psychosomatisch ungewohnten Effekt erzielt: verbales Kitzeln. rest
www1896.l7.xodox.com/geil/

grrrr.nett
Die Adresse grrrr.net bietet eine Reihe von Bildgeschichten. Mit erstaunlich schnellen Ladezeiten erscheinen bildschirmfüllende Zeichnungen, die sich durch Klicken verändern und auswechseln: die Geschichte eines explodierenden Handys, Impressionen von einer Polizeikontrolle an der Langstrasse oder, als neuste Arbeit, eine interaktive Diskoszene. Der junge Künstler hinter den Seiten, Ingo Giezendanner aus Zürich, ist durch Ausstellungen seiner Papierzeichnungen bekannt geworden, zuletzt im Kunstmuseum Thun. Er ist von Comic geprägt, ohne selber im klassischen Sinn Comic-Zeichner zu sein. Unter der Adresse grrrr.net zeigt er, wie man mit dem alten Bildmedium Tintenzeichnung im neuen Medium Internet eine überzeugende Form von bewegter Zeichnung realisieren kann. rest
www.grrrr.net