Wurm
Mein Wurm ist tot und ich bin allein. Mein Befreier hat mich von meinem
lieben Wurm befreit, meinem Lieblingswurm, meinem Lieblingsleib, dem liebsten
und einzigen, den ich hatte und er hat es ohne mich zu fragen getan. Ich
hätte nein gesagt, hätte er mich gefragt.
Jetzt fragt ich nur: nun, Herr Ritter, mein Retter, was soll ich tun ohne
meinen lieben mich warmherzig und heftig liebend bewachenden Wurm, wer bin
ich ohne Wurm?
Du bist die Jungfrau, sagt mein Befreier und ich dein Befreier, und dieser
Wurm, dieser greuliche Lindwurm, dieser grässliche Drache, ist tot,
fürchte dich nicht, denn er ist fürchterlich tot.
Dann bitte bleib, sagte ich zu meinem Befreier, ich nenn dich Gabriel, ich
fürchte mich, bitte liebe mich, mir fehlt mein tyrannischer Wurm, mir
fehlen Fesseln und Peitschen, mir fehlen Schnallen und Schellen, mir fehlt
meine Lust, doch mein Befreier war kein Befreier, der blieb, er war ein
Befreier, der anderen die Köpfe abhieb.
Kopf hoch, sagte der kalte Mensch zu mir, Kopf hoch, für dich gibts
viel zu tun.
Warum?
Du bist jetzt ein interessanter Mensch, du wirst der Welt viel zu berichten
haben und die Welt hat viele Fragen für dich.
Nämlich? fragte ich.
Wie es so war, sagte er, beim Wurm.
Ich hockte zwischen den zwei toten Wurmstücken vor der Höhle,
das Blut sickerte und mein Befreier legte mir Papier zwischen die Beine.
Lass das, sagte ich ärgerlich, du tust so, als ob ich blute, doch es
ist der Wurm, mit dem du dummer Killer mich für immer entzweit hast,
weil du ein Neidhammel bist, du bist ein Kühlschrank, ein ungehobelter
Held, weil du weisst, dass ich von dir nie auch nur einen Finger so geliebt
hätte, wie meinen mich grausam bewachenden Wurm, den du so blutig entzweigeschnitten
hast mit deiner üblen Klinge.
Du undankbare Pute, schrie mein Befreier.
Nie und nimmer werde ich davon berichten, wie er war, mein Aufenthalt beim<
Wurm, das verspreche ich, schrie ich.
Und da war ichs wieder: gefesselt.
Dies schrieb ich im Auftrag der Robert Walserschen Jungfrau, die vom Robert
Walserschen Befreier den Auftrag erhielt, von ihrem Aufenthalt beim Drachen
zu berichten, wovon sie sich hiermit befreit.
Als ich einmal wirklich nicht mehr weiter wusste, setzte ich mich vor die
Wand und machte den Hugo. Ich wusste nicht, was das heisst, sich vor die
Wand setzen und den Hugo machen, was ich aber wusste, war, wer den Hugo
macht, der setzt sich dafür vor die Wand und macht da den Hugo, das
heisst, den Hugo machen, das wusste ich, und da ich nichts besseres zu tun
wusste und aber dringend etwas tun musste, weil ich ja ganz erbärmlich
nicht weiter wusste, - da sass ich also und machte den Hugo, was das war,
wusste ich nicht, was ich aber wusste, war, da sass ich und wusste, wer
einmal wirklich nicht mehr weiter weiss, der sitzt vor der Wand und macht
da den Hugo, wie hier ich, ob er das weiss oder nicht, und wer das weiss,
der weiss zwar nicht weiter, doch weit genug, denn wer vor der Wand sitzt
und den Hugo macht, macht weiter nichts, weil es das ist, was er vor der
Wand macht und das macht weiter nichts, weil es ein gutes Gefühl macht,
das zu machen, was man macht, weiter nichts.
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