Elizabeth Wright
* 1964, lebt in London

Elizabeth Wright studierte am Royal College of Art in London (1987-1990) und zuvor am Birmingham Polytechnic in Birmingham (1984-1987). Seit 1991 kopiert Wright in leicht verändertem Massstab weitverbreitete, unauffällige Dinge, die ihr dennoch irgendwo aufgefallen sind und sich ihr eingeprägt haben. Sie verkleinert oder vergrössert in Handarbeit nach fotografischen Vorlagen Möbel, Kleidungsstücke, Bücher, Gebäude, Akten, ein Auto und Fahrräder, seit einigen Jahren auch Spuren, die bremsende Fahrzeuge auf der Fahrbahn zurückgelassen haben.

In Amden thematisierte Wright die exponierte Lage des Gebäudes, das für die Intervention zur Verfügung stand, sowie die spezifischen Eigenschaften der Räume. Zu berücksichtigen war, dass das Werk jederzeit zugänglich sein und ohne Veränderung der architektonischen Struktur realisiert werden sollte. Wright liess sich die Gegend und das Haus beschreiben und machte sich anhand von Schilderungen, aber auch von Landschaftsaufnahmen und Landkarten ein Bild von der Situation. Sie wollte auch wissen, ob es sich bei diesem Gaden um ein für die Gegend typisches Gebäude handelt. Sie verlangte Fotografien des grössten Gebäudes in der Region. Sie beschäftigte sich mit den unterschiedlichen Dimensionen von Haus und Landschaft. Die Fotografien bestärkten sie im Gedanken, eine Arbeit zu realisieren, welche sowohl die spezifische Lage des Gebäudes auf einer Waldlichtung hoch über dem Walensee behandelt als auch berücksichtigt, dass die Besucher von aussen, nach einer Bergwanderung in der offenen und weiträumigen Landschaft der Amdener Mulde, in kleine, dunkle Räume ohne künstliches Licht eintreten.

Elizabeth Wright entschied sich für eine konzeptuelle Form ortsspezifischen Arbeitens: Nicht das eigene Erleben des Ortes, wie dies seit den sechziger Jahren für Arbeiten im Landschaftsraum üblich ist, bildete den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Arbeit, sondern die Dokumentation des Ortes. Sie suchte nach einer Möglichkeit, dieser vermittelten, indirekten Wirklichkeitswahrnehmung mit der Arbeit zu entsprechen. Anders als die Künstler in der Duchamp-Nachfolge sucht Elizabeth Wright in ihrem Schaffen über die Dekontextualisierung zu einem angemessenen Verständnis von Wirklichkeit zu gelangen. Wer den alten, zweigeschossigen Amdener Gaden betrat, traf auf die Bezeichnung «183. Etage» oder «184. Etage». Die Kombination von exponierter Lage und vermuteter momentaner Desorientierung beim Betreten der dunklen Räume erfuhr in dieser Arbeit im Bild und der Erfahrung des sich in einem Hochhaus vor dem Fahrgast öffnenden Lifts eine zeitgenössische Übersetzung.

Text: Roman Kurzmeyer, 2003