Annelies Štrba
* 1947, lebt in Richterswil und Amden

Annelies Štrba zeigte innerhalb der Ausstellung von Adrian Schiess, die am 21. Mai 2005 eröffnet wurde, zwei Fotoarbeiten. Es handelte sich um ein von der Künstlerin und dem Künstler gemeinsam konzipiertes Projekt, nicht aber um eine Gemeinschaftsarbeit. In dieser Konstellation war die Ausstellung der seit 1982 befreundeten Künstler bis im November zu sehen. Gleichzeitig zeigte die Gemeinde Amden in ihrem Ortsmuseum Strbas neue Videoarbeit «Frances und die Elfen» und im nahegelegenen Café Post stellte die Künstlerin einige Porträts von Ameler Bauern aus, die sie in den der Ausstellung vorausgegangenen Monaten fotografierte. Mit ihrem an drei Orten gleichzeitig stattfindenden Projekt setzte die Künstlerin unterschiedliche Ausstellungssituationen und Werktypen, aber auch Menschen mit unterschiedlichen Kunstvorstellungen in Beziehung zueinander. Ihre Arbeit ist das Ergebnis einer künstlerischen Transformation der alltäglichen Lebensrealität. Sie gibt dem, was sie sieht, antrifft und erlebt, einen anderen Klang und zeigt das verborgene Gesicht. Sie sucht den emotionalen Sinn, zeigt die poetische Dimension der Wirklichkeit, öffnet aber auch Abgründe. Sie befreit den Alltag aus der Umarmung durch die Nützlichkeit.

Annelies Štrba fotografiert seit ihrem 15. Lebensjahr, zunächst viele Jahre ohne künstlerische Absicht vor allem Kinder, später ausser Orten, die ihr persönlich viel bedeuten, die eigene Familie, insbesondere ihre drei Kinder Sonja, Samuel und Linda. Mit ihren auf Leinwand kopierten Fotografien trat sie spät, nämlich erst 1990 in einer Einzelausstellung in der Kunsthalle Zürich erstmals an die Öffentlichkeit. Adrian Schiess hatte den damaligen Leiter der Zürcher Kunsthalle, Bernhard Mendes Bürgi, auf ihr Schaffen aufmerksam gemacht. Die frühen Arbeiten dokumentieren ihre damalige Lebenssituation als Mutter dreier kleiner Kinder. Es sind Bilder, welche die Beziehungsabhängigkeit des Menschen spiegeln. Es sind private Bilder, und gerade deshalb ist keine zweite Werkgruppe der Künstlerin so beliebt wie diese Kinderbildnisse: Sie sprechen zu uns, weil sie von gemeinsam erinnerter Zeit handeln. Sie erzählen von Kindheitserinnerungen, führen Geborgenheit, aber auch Abhängigkeit und Isolation vor Augen. Zwar schuf die Künstlerin in den vergangenen Jahren auf Reisen auch Bilder von Landschaften, Gärten und Parkanlagen sowie eine Reihe einzigartiger Städtevideos, dennoch sind ihre Kinder, vor allem die beiden Töchter, inzwischen als Erwachsene mit eigenen Kindern, immer noch ihre wichtigsten Modelle.

Nachdem sie während einiger Jahre die Fotokamera aus der Hand gelegt hatte und Videoaufnahmen als Ausgangsmaterial für ihre Bilder verwendete, zeigte sie in Amden wieder Fotografien. Es sind die erwähnten Porträtaufnahmen von Bauern aus dem Dorf. Innerhalb der Ausstellung von Adrian Schiess waren zwei Bilder zu sehen, für deren Herstellung sie mit Töchtern von Ameler Bauern zusammen arbeitete. Die Bilder stammen aus dem Zyklus «Frances und die Elfen». Die sich potenzierende Gegenüberstellung von Schlafen und Sehen in ihren beiden Fotografien bildete keinen Kontrapunkt zur Malerei von Adrian Schiess, sondern unterstützte die ruhige, meditative Stimmung seiner Arbeit.

Text: Roman Kurzmeyer, 2006